Fertigung von Elektromotoren und Schaltgeräten in Radeberg

Motor Typenschild Motor Das Werk wird 1946 als "Sowjetische Aktiengesellschaft GERÄT in Deutschland, Werk Sachsenwerk Radeberg" durch die Besatzungsmacht direkt verwaltet und mit ca. 400 Mitarbeitern in das Reparationssystem integriert. Mit der Fertigung von Rundfunkempfängern sowie Mess- und Richtfunktechnik war nach kurzer Zeit eine vernünftige Auslastung des Personals und der nach der 1946 abgeschlossenen Demontage überreichlich zur Verfügung stehenden großen und zusammenhängenden Produktions­flächen nicht zu erzielen. Auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern holte SAG-Generaldirektor Fomin 1948 die Fertigung von Drehstrom-Elektromotoren bis 10 kW und ab 1949 auch die Fertigung von Schaltgeräten bis 300 A vom Sachsenwerk Niedersedlitz nach Radeberg.

1950 übernahm das Sachsenwerk Radeberg das damalige KTB 20 (Konstruktiv Technisches Büro) mit 383 Ingenieuren, Konstrukteuren und Facharbeitern in Dresden-Dobritz und schuf sich damit eine eigene Entwicklungsstelle für Starkstromtechnik.

Ein Verkauf der Motoren und Schaltgeräte im Sinne der Kundenauswahl war in der SAG-Zeit und auch nach der Gründung des VEB Sachsenwerk Radeberg am 1.7.1952 nicht möglich. Über die Verteilung der Erzeugnisse verfügte die Deutsche Wirtschaftskommission (DWK) im Einvernehmen mit der Sowjetischen Militär-Administration (SMA) nach einem Verteilerplan. Der gewaltige Bedarf an elektrischen Antriebsmaschinen jeglicher Bauart und Größe wurde für die gesamte Ostzone und frühe DDR zentral nach Dringlichkeiten geprüft und verteilt. Vorrangig wurden Final­produzenten beliefert, die Maschinen und Ausrüstungen für Wiedergutmachungszwecke für die Sowjetunion herstellten und dafür Antriebs­maschinen benötigten, also aus Sicht des Sachsenwerkes für indirekte Reparationsleistungen. Die schwer geschädigte einheimische ostdeutsche Industrie erhielt nach Prioritäten die verbleibende, jedoch ebenfalls zentralistisch verteilte Bilanzmenge. Direktbestellungen über die bilanzierten staatlichen Auflagen hinaus und spezielle Kundenwünsche konnten erst viel später berücksichtigt werden, natürlich unter der Bedingung der Sicherung der Auflagen.

1948 schließen sich in Ostdeutschland 24 Betriebe des Elektromaschinenbaus mit rund 7.000 Beschäftigten zu einer Vereinigung zusammen. Die DWK beschließt diesen Schritt verbindlich, die juristische Einheit heißt VEM und wird Bestandteil der Firmierung. Als SAG-Betrieb konnte das Sachsenwerk Radeberg zunächst nicht Mitglied im VEM werden und nach Überführung in Volkseigentum 1952 entsprach das Produktionsprofil nicht den dafür geltenden Anforderungen. Bezüglich des Absatzes von Elektromotoren sollte sich das jedoch später als Wettbewerbsnachteil auswirken. Ebenfalls nachteilig, weil absatzhemmend, wirkten sich die Material-Beschaffungsprobleme aus, stark schwankende Fertigungs­kontinuität und Produktqualität führten letztlich dazu, dass die RAFENA-Motoren nicht das absatzfördernde, begehrte Gütezeichen Q erhielten, sondern bei Gütezeichen 1 stagnierten.

Mit der Beauflagung des Sachsenwerkes Radeberg zur Übernahme der Produktion von Fernsehgeräten verschoben sich die Prioritäten der Geschäftsfelder in Radeberg zu Lasten der Motorenfertigung, auch weil der Bedarf inzwischen durch andere Hersteller weitgehend gedeckt werden konnte. Alle personellen und materiellen Ressourcen mussten dieser neuen Aufgabe untergeordnet werden, zumal Radeberg damals der einzige Produzent von Fernsehgeräten in der DDR war. Das schloss auch starke Entwicklungs-, Konstruktions- und Technologie-Kapazitäten ein. Infolgedessen konnte wegen der begrenzten Gesamtkapazitäten eine eigenständige, zukunftsorientierte technische und konstruktive Weiterentwicklung des Geschäftsfeldes Elektromotoren in Radeberg nicht installiert werden. Immer mehr wurde es zur Nebensache. Die Fernsehgeräte-Produktion wurde zwangsweise zum Kerngeschäft entwickelt, gefolgt von der Richtfunk- einschließlich Antennentechnik.


Diagramm1

Einzelheiten zu Stückzahlen, Preisen und Durchschnittslöhnen >>>>>

Der Auftragsrückgang und Produktionseinbruch 1952/53 betraf viele ehemalige SAG-Betriebe, weil in der Sowjetunion die Deckung des Eigenbedarfes mehr und mehr aus eigenen Ressourcen erfolgen konnte und ab 1951 Bestellungen wesentlich reduziert wurden.

Im Gegensatz dazu stieg der Exportanteil. Anfangs waren die Exportländer Finnland und die Niederlande, 1956 kam Syrien dazu, zuzüglich des indirekten Exports in die SU. Als das Motorenprogramm mit in das Leipziger Messeprogramm aufgenommen wurde, stieg das Exportvolumen. 1957 waren Hauptabnehmer die Türkei, Ungarn, Rumänien, Syrien, Niederlande und China.

Das Sortiment der in Radeberg hergestellten Motorengruppen war angebotsseitig sehr umfangreich. Gemäß der Produktions-Beauflagungen wurden manche Typen jedoch nur in sehr kleinen Mengen gefertigt. So wurden Kundenwünsche im Rahmen der Möglichkeiten mit einer Mindeststückzahl eingeordnet. Parallel mit der Motorenfertigung wurden im Sachsenwerk die dafür benötigten Schalteinrichtungen hergestellt. Diese sind hauptsächlich als Hauptschalter zur Steuerung von Drehstromanlagen für Antriebsaggregate, Kräne, Walzstraßen u.ä. von entfernt gelegenen Befehls- und Steuereinrichtungen aus verwendet worden.

Der Auslauf der Motorenproduktion in Radeberg war unausweichlich. Im April 1959 wurden die letzten Motoren gefertigt. Auf die freiwerdenden Arbeitskräfte (zuletzt ca. 130 Produktionsgrundarbeiter) warteten dringlich die Fernsehgerätefertigung und die mechanische Vorfertigung. Die Einstellung der Motorenfertigung verlief problemlos und fast unauffällig, wenn man der damaligen Presse glauben soll.


Die nachfolgenden Ausarbeitungen enthalten neben Zusatz- und Hintergrundinformationen auch ausführliche Darstellungen zur Fertigungstechnologie und zum Sortiment der Motoren und Schaltgeräte.

[Grafik] Klaus Schönfuß: Fertigung von Elektromotoren und Schaltgeräten in Radeberg
19 Seiten mit zahlreichen Abbildungen; 2,7 MB

[Grafik] Klaus Schönfuß: Prinzipielle Abschnitte der Motorenfertigung in Radeberg
5 Seiten mit zahlreichen Abbildungen; 2,6 MB

[Grafik] Firmenprospekt: Drehstrommotoren VEB Sachsenwerk Radeberg
4 Seiten mit zahlreichen Abbildungen; 1 MB