MUX30A

Terminalsteuerrechner MUX30A (EC8404.M1)

Allgemeines

Der Terminal-Steuer-Rechner TSR (zunächst als MUX30 bezeichnet) war ca. 1977 als Ablösung des MPD4 geplant worden. Bei IBM war inzwischen mit der IBM 3705 ein spezieller Front-End-Prozessor im Einsatz, es standen dafür zwei grundsätzlich unterschiedliche Programmsysteme zur Verfügung:

Andere ESER-Mitgliedsländer arbeiteten an der Nachentwicklung dieser Systeme. Bei Robotron stand aber bei diesem Projekt nicht die Kompatibilität zur IBM als Aufgabe, sondern die Verwendung der Mikrorechner-Systemlösungen K1520 und K1600. Zunächst sollte eine Ablösevariante und später eine Netzvariante entstehen. Die Aufgabenstellung für die Varianten TSR/A (Ablösevariante mit Emulation) und TSR/N (Netzvariante mit NCP) gaben die Verwendung der Mikroprozessorsysteme K1520 in den Leitungs­steuerungen und K1620/K1630 in der Zentralsteuerung vor. Hier war die Robotron-Chiffre K8563 vergeben worden, benutzt wurde dann aber ausschließlich die "höherwertige" ESER-Chiffre EC 8404.M1.

Damit waren aber die Strukturen grundsätzlich anders als bei der IBM 3705 und somit war klar, dass eine Lauffähigkeit eines am Vorbild angelehnten NCP nicht zu erreichen war. Aus diesem Grund konnte die Variante TSR/N später nicht weiter verfolgt werden.

Die Konzeptionsarbeiten zeigten dann, dass die verbleibende Variante TSR/A günstiger unter Nutzung des K1520 auch in der Zentralsteuerung zu realisieren war, so dass schließlich zwar Konstruktion und Technologie des K1600 verwendet wurden, aber intern kein K1600 vorhanden war. Letztlich setzte sich die Bezeichnung MUX30A durch.

Erste Mustereinsätze erfolgten 1983, mit der Fertigungsaufnahme 1984 wurde die Fertigung des Vorgängers MPD4 eingestellt. Die Einführung der Systeme bei den Anwendern verlief ohne wirkliche Probleme, es wurde nur eine Revision von Hardware und Steuerprogramm der Zentralsteuerung notwendig. In den folgenden Jahren bis einschließlich 1989 sind mehr als 300 Systeme ausgeliefert worden, dabei sind diese Lieferzahlen unter den Absatzmöglichkeiten des Vertriebes geblieben. Ein wesentlicher Anwender waren die Sparkassen, hier gab es im Raum Berlin und im Bezirk Dresden umfassende Lösungen im Echtzeit­betrieb. Bei der Deutsche Reichsbahn war ein flächendeckendes Platzreservierungssystem vorhanden. Als Bestandteil von EDV-Anlagen erfolgten zahlreiche Exporte, wobei auch Maximalkonfigurationen mit 128 Leitungen zum Einsatz gelangt sind.

Funktionelles

Die Funktion wird durch eine zweistufige Architektur von Mikrorechnern erreicht. Für die Kommunikation mit der zentralen EDVA, einem Modell des ESER, ist der sogenannte ESAP (ESER-Anschluss-Prozessor) zuständig, zu den Leitungen hin sind bis zu acht Funktionsgruppen MUX20 vorhanden. Ein MUX20 kann bis zu 16 Datenleitungen steuern. Beide Funktionsgruppen haben einen Kern aus Standardmodulen des Mikro­prozessorsystems K1520. Ergänzende Hardware-Entwicklungen aus dem Hause Radeberg sind:

KE15 und KEM15 kommunizieren über ein speziell hierfür kreiertes Interface, als MRK-Bus bezeichnet, miteinander. Die Zusammenschaltung der Funktionsgruppen ist dem Blockschaltbild zu entnehmen. Die konstruktive Ausführung des MUX30A lehnt sich an das System K1600 an. Die Grundausführung ist ein Systemschrank, in diesem sind im Schranksockel ein Steckverbinderfeld und Interfaceplatinen für den Anschluss des Zentralrechners untergebracht, darüber sind bis zu vier sog. Blockeinschübe angeordnet, ein Blockeinschub ESAP und ein Steuer-Einschub SE32 ist die minimale Ausstattung. Der Steuer-Einschub SE32 kann zwei Funktionsgruppen MUX20 enthalten und damit bis zu 32 Leitungen treiben. Zur Aufnahme von TAK und GDN (s.u.) werden Datenübertragungs-Einschübe benötigt. Bei Bedarf kann ein MUX30A aus bis zu drei System­schränken bestehen. Die Zuführung der Stromversorgung und Verkabelung erfolgen in der Regel aus dem Fußboden.

Das Grundproblem bei der Entwicklung des MUX30A war die begrenzte Steuerleistung der verfügbaren Mikroprozessoren und Beschränkungen bei der Auswahl von Bauelementen. Um eine ausreichende Durchsatzleistung zu erreichen, waren umfangreiche Zusatzsteuerungen und unkonven­tionelle Verfahren notwendig. So wurde DMA- Betrieb zum Schlüssel für die Erreichung der angestrebten Leistungen. Der DMA- Betrieb wurde sowohl im MUX20 als auch im ESAP in verschiedenen Varianten realisiert. Die Funktionsaufteilung zwischen den Funktionsgruppen ESAP und MUX20 war zentrales Thema bei der Erarbeitung des Konzeptes für den MUX30A, es wurde folgendes Verfahren festgelegt:

Blockschaltbild

[Grafik]

Technische Daten

Software

Die Funktionen des MUX30A wird durch eine modular gestaltete Software in den Mikrorechnerkernen von ESAP und MUX20 gewährleistet. Diese Softwaremodule sind Firmware. Der Anwender kann lediglich in Form einer Parametrierung diese Firmware beeinflussen. Aus Gründen der Kompatibilität zu den Betriebssystemen der Hostrechner muss sich ein MUX30A funktionell wie ein Hardware-Multiplexer EC8401 vergleichbar mit IBM2702 verhalten. Eine derartige Emulation war Jahre zuvor mit dem MPD4 (EC8404) erfolgreich im Einsatz. Der MPD4 hat nur eine funktionelle Ebene und bedient damit maximal 12 Datenleitungen, beim MUX30A sind bis zu 128 Datenleitungen zu bedienen und es existieren mit ESAP und MUX20 zwei funktionelle Ebenen. Die Leistungen der jeweiligen Rechner sind etwa vergleichbar. Zielstellungen bei der Systemgestaltung waren:

Hinsichtlich der technischen Realisierung hat es kein Vorbild gegeben, es war lediglich die o.g. Zielstellung umzusetzen. Die Entwicklungen der Softwaremodule erfolgten in verschiedenen Teams. Das Steuerprogramm des ESAP und alle Testprogramme wurden in Radeberg entwickelt. Das in den MUX20 laufende Emulationsprogramm EMLMUX, und die ergänzenden Softwareanpassungen für den Hostrechner wurden im ZFT Dresden und teilweise vom LFA (siehe hierzu unter MPD4) erarbeitet. Dabei ist es gelungen, ein in sich stimmiges System zu schaffen, das mit der oben beschriebenen Hardware eine Nachbildung der IBM 3705 im Emulationsmodus realisiert. Es sei vermerkt, dass die Original-Betriebssysteme OS, DOS und SVM von IBM mit ihren DFV-Zugriffsmethoden BTAM und TCAM mit diesem Gerät lauffähig waren.

Eine weiterführende Ausarbeitung dazu ist:

[Grafik]
Die Entwicklung des Terminalsteuerrechners MUX30A EC8404.M1
Technische Einzelheitn und Hintergründe, 33 Seiten; 1,5 MB

Ein MUX30A in der Ausführung als Einschrankvariante gehört zum Bestand der Technischen Sammlungen Dresden und wird im Rahmen der Dauerausstellung Büro- und Rechentechnik gezeigt.

Im Zusammenhang mit der Entwicklung des MUX30A wurden Lösungen geschaffen, die das Fehlen bzw. die beschränkte Verfügbarkeit von hochwertigen Analysegeräten teilweise ausgleichen sollten:

[Grafik]
Logikanalysemodul für K1520 aus Radeberg
Technische Einzelheitn und Hintergründe, 5 Seiten; 1 MB